Am 17. Dezember veröffentlichten zahlreiche Medien eine Studie, die bewiesen haben will, dass E-Zigaretten chronische Lungenkrankheiten verursachen.
Sogar die renommierte TAGESSCHAU übernahm dieses Studienergebnis völlig kritiklos. Auslandskorrespondent Marcus Schuler (Nanu? Warum kein Wissenschafts-Journalist?) setzte gleich noch einen drauf: Er behauptete dort allen Ernstes, E-Zigaretten wären genauso schädlich wie Tabakzigaretten – im TV, auf der Tagesschau-Webseite (https://www.tagesschau.de/ausland/e-zigaretten-studie-101.html) und auch in Facebook. Diese Behauptung ist frei erfunden.
Nach massiver Kritik sowohl an dieser Behauptung als auch an den Studienergebnissen selbst löschte die Tagesschau einfach den Facebook-Post samt aller kritischen Kommentare – ein Unding, das nicht gerade für Kritikfähigkeit spricht. In einem neuen Facebook-Post ersetzte sie die Behauptung „genauso schädlich“ durch „Bei Dampfern 30% höheres Risiko für Lungenerkrankungen als bei Nichtrauchern“. Leider ist das ebenso falsch wie die erste Fehlinterpretation der Studie. Und das, obwohl zahlreiche Fachleute die Tagesschau eingehend auf die Tatsachen hingewiesen hatten.
Der Studien-Macher: Ein Ingenieur.
Sein Sponsor: Big Pharma
Die Studie wurde veröffentlicht vom Center for Tobacco Control and Education an der Universität von California in San Francisco. Die Gründung dieses Institut wurde mit 10 Millionen Dollar durch Johnson & Johnson finanziert, dem Hersteller von Nicorette. Seit 1972 hat Johnson & Johnson der Universität mindestens 160 Millionen Dollar gestiftet.
Prof. Stanton Glantz ist trotz seines hübschen Professortitels kein Mediziner, sondern Ingenieur. Weil sein Lehrstuhl der Medizinischen Fakultät unterstellt ist, wird er häufig fälschlich als Mediziner bezeichnet. Bereits 2005 erhielt Glantz über 1,3 Millionen Dollar von Johnson & Johnson.
Glantz ist bereits mehrfach durch getürkte Studien aufgefallen. So versuchte er ein erhöhtes Risiko für Herzerkrankungen bei Dampfern durch Herzinfarkte zu belegen, die zum Großteil aufgetreten waren, noch E-Zigaretten überhaupt auf dem Markt waren. (https://eu.usatoday.com/story/news/health/2019/07/17/vaping-heart-attacks-false-claims-sexual-harassment-allegations/1676473001/)
Schwere methodische Fehler im Studienaufbau
Für die Studie wurden lediglich alte Daten aus Konsumentenbefragung aus den Jahren 2016 – 2016 ausgewertet. Diese Daten beruhen lediglich auf den Selbstauskünften der Teilnehmer ohne entsprechende ärztlich Diagnosen. Schon allein deshalb ist sie für Wissenschaftler nicht aussagekräftig.
Es wurde nicht abgefragt, wie lange die Teilnehmer zuvor geraucht hatten, bevor sie auf die E-Zigarette umgestiegen sind. Schließlich sind über 99% aller Dampfer ehemalige Raucher. In nur drei Jahren kann kein Mensch eine chronische Lungenerkrankung wie COPD zu entwickeln. Solche Erkrankungen entstehen erst durch jahrzehntelanges Tabakrauchen.
Studien-Interpretation nach eigenen Wünschen
Bei der Interpretation der Studie wurden gezielt alle Zahlen herausgepickt, welche die E-Zigarette möglichst schlecht aussehen lassen. Selbst laut der – fehlerhaften! – Studie erhöht sich das Risiko, durch die E-Zigarette an einer chronischen Lungenerkrankung zu erkranken, nur von 1 bei Nichtrauchern auf 1,3 bei Dampfern. Bei Rauchern liegt dieser Faktor bei 2,5.
Das bedeutet, das Risiko liegt bei Dampfern um ein Drittel höher als bei Nichtrauchern, bei Rauchern mehr als doppelt so hoch. Also wäre auch hier die Gefahr für Dampfer gegenüber dem Rauchen um ein Vielfaches geringer.
Wieviel tatsächlich, kann man aufgrund dieser Studie nicht sagen. Es wurde ja gar nicht abgefragt, ob und wie lange die Dampfer vorher geraucht hatten.
Hinzu kommt: Neben chronischer Lungenerkrankungen verursacht das Rauchen zahlreiche Krebserkrankungen und schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfälle und Herzinfarkte. Danach wurde in der Studie aber nicht gefragt.
Wissenschaftler und (echte) Mediziner sind empört
Viele internationale und namenhafte Wissenschaftler und Fachleute haben die Lungenerkrankungs-Studie (wie auch die Tagesschau) bereits scharf angegriffen. Unter anderem Prof. Dr. Siegel (Universität Boston), Prof. Dr. Britton (Universität Nottingham), Dr. Farsalinos (Universität Patras), Prof. Dr. Mayer (Leiter der Pharmakologie, Universität Graz) und Dr. Ute Mons (Deutsches Krebsforschungszentrum).
Frau Dr. Mons stellte die Junkstudie auch gegenüber dem WDR in einem Interview richtig, das ihr hier nachlesen könnt: https://www1.wdr.de/nachrichten/studie-e-zigaretten-tabak-100.html.
Auch in einem Artikel der ZEIT äußersten sich Frau Dr. Mons und Daniel Kotz, Professor für Suchtforschung und klinische Epidemiologie am Uniklinikum Düsseldorf, nachdrücklich über die Glantzsche Junkstudie: E-Zigaretten: Zweifel an Studie
Aber die Medien freuen sich über Schlagzeilen
Unterm Strich ist diese Studie also ein aufgebauschter Taschenspielertick. Trotzdem wurde sie von den Medien freudig und ungeprüft übernommen, häufig noch publikumswirksam aufgepeppt durch Sensations-Behauptungen, um mehr Klicks zu bekommen. Sogar das Nachrichten-Zugpferd des ARD, die Tagesschau, machte begeistert mit.
Ganz ehrlich? Kein Mensch behauptet ernsthaft, die E-Zigarette sei „gesund“. Trotzdem ist und bleibt die E-Zigarette bei Weitem weniger schädlich als die Tabakzigarette.